Fachtagung „Freifließende Flüsse“ in der Stadthalle in
Kamen.

 

Der Lippeverband und  NABU NRW hat  Fachleute aus ganz Deutschland
eingeladen,
um über die Problematik von Querbauwerken und kleinteiliger Aufstauung von
Gewässern zu diskutieren.

Die Teilnehmer treffen ein.

 

Erst einmal Kaffee und Gespräche.

Los geht es.

 

Susanne Wiesener (Moderatorin) begrüßte die Teilnehmer und führte auch weiter
durchs Programm.

Oliver Krischer  – Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des
Landes Nordrhein-Westfalen

war über den Monitor zugeschaltet.

Die Herausforderungen der Zeit – Natur und Klimaschutz zu gestalten.

 

Prof. Dr. Uli Paetzel – Vorstandsvorsitzender  der Emschergenossenschaft
Lippeverband

sprach über die Lippe – der längste Fluss, der auch der schönste werden soll.
10 Millionen Euro wurden in die Unterhaltungsmaßnahmen – ein gutes Paket,
es reicht aber nicht.
„Von der Quelle bis zur Mündung – für die Biodiversität und das Naturerlebnis am
Wasser“.

 

Lukas Stemper – stellv. Landesorsitzender NABU – NRW.

Gemeinsame Aufgabe – Schutz der Natur und der Gewässer.
Es gibt konkurrierende Interessen. So wird an einigen Stellen gefordert, die
Wehre zu sanieren
und für die kleine Wasserkraft zu nutzen.
„In Anbetracht der multiplen Krisen, die uns aktuell begegnen ist es umso
wichtiger ganzheitliche und
nicht kurzfristig gedachte Lösungen zu finden.
Dabei ist das Voranbringen des Ausbaus erneuerbarer Energien natürlich von
großer Bedeutung,
gleichzeitig dürfen aber der Naturschutz und damit der Erhalt und die
Wiederherstellung von Ökosystemen
als essenzieller Teil unserer Lebensgrundlage nicht für private Interessen
zurückstecken“.

 

Elke Kappen – Bürgermeisterin der Stadt Kamen.

Die Seseke – ein Nebenfluss der Lippe – wurde wunderbar renaturiert.

Die  Bürgermeisterin  freut sich, dass das dem Lippe Verband
gelungen ist.

Auch der Seseke Park bringt die Menschen ans Gewässer – nur was sie kennen,
dafür werden sie sich einsetzen.

 

Danach wurde über eine App Umfragen vorgenommen – als erstes die Herkunft der
Teilnehmer.

 

Diese Frage sollte am Ende der Veranstaltung noch einmal gestellt werden.

Bäche und Flüsse sind durch Ausbau und Auenverlust über Jahrzehnte nahezu
vollständig verändert worden.
Dies hat weitreichende Folgen für den natürlichen Hochwasserrückhalt,
bedeutet aber auch Lebensraumverlust für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.

Viele Interessierte von nah und fern waren gekommen.

 

 

 

 

Dr. Mario Sommerhäuser Biologe  der  Emschergenossenschaft/Lippeverband.

Die großen globalen Herausforderungen – Dürresommer.

 

Die große globale Herausforderung  – Dürresommer.
rot= geringe Wasserstände

Was macht ein Fließgewässer aus

im oberen Bereich nach der Quelle hat man meist gute Bedingungen.
So sollte es bis zur Mündung weiter gehen.

Spätestens seit 2000 – mit der Implementierung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
– stellen Gewässertypisierung
und Leitbildentwicklung weitergehende Anforderungen an die
hydro-morphologischeund biozönotische Entwicklung
aller Oberflächengewässer.
Die Ziele der WRRL scheinen jedoch bis heute nahezu unerreichbar
– nicht einmal 10 Prozent der deutschen Oberflächengewässer erfüllen die
Bewirtschaftungsziele.
Aktuelle Herausforderungen im Gewässerschutz sind die Reduzierung der
sogenannten Spurenstoffe im Abwasser
und den Gewässern und die durch den Klimawandel hervorgerufenen Wasser-Extrema.

Seit den 1970-er Jahren hat der Kläranlagenausbau zu einer erheblichen
Verbesserung der Qualität
der Oberflächengewässer geführt. Die Programme zur Gewässer- und
Auenrenaturierung seit den frühen 1990-er Jahren
führten vielerorts zu ökologisch verbesserten Gewässern und teils zur
Reaktivierung von Auen.
Langzeitdaten aus den letzten 50 Jahren zeigen in der Folge eine erhebliche
Erholung im biozönotischen Bereich.

Aber neue Herausforderungen , wie die Arzneimittelrückstände, die nur mit ganz
teuren Anlagen gefiltert werden können,
sowie Mikroplastik stellt neue Herausforderungen.

 

Dr Oliver Schmidt-Formann – NRW-Umweltministerium
–  Referatsleiter für die Bereiche „Flussgebietsmanagement und
Gewässerökologie“

 

 

Lebendige Gewässer – 64 Millionen Budget.
Wirkung der Querbauwerke
Lachgaskonzentration  – der Ausstoß des Gases war umso höher, desto mehr
Nitrat
(Düngemittel) im Wasser waren.

Nur 8% der Gewässer bundesweit befinden sich in einem guten Zustand.

 

Einzelprojekte wurden gut umgesetzt – aber an den Problempunkten muss man weiter
arbeiten auch nach 2027.

Querbauwerke erzeugen multifaktorielle Wirkungen und beeinflussen damit viele
Bewertungsparameter und
Qualitätskomponenten der WRRL nachteilig.

 

Dr. Stephan von Keítz; Hessisches Ministerium für Umwelt

Dieser Vortrag über die  Lahn, etwas ausführlicher, weil das ja das
Thema der IG-Lahn ist.

.

1816 vereinbarten das Herzogtum Nassau und das Königreich Preußen,
die Lahn bis nach Gießen, wo sich das Großherzogtum Hessen anschloss,
auszubauen.
Die  Intension  war der Anschluss  zur Fulda
Die Vernetzung des Rheines mit Potsdam sollte hergestellt werden.
Parallel dazu entstand dann auch eine Bahnstrecke.

Hier sieht man die die Lahn auf der Karte, von der Quelle in NRW – durch
Hessen fließend und dann durch RLP zur
Mündung in den Rhein.

Die Rückstaubereiche der Lahn im roten Kreis. 27 Querbauwerke sind es an der
Lahn.

 

 

 

 

 

 

Gisselberger Spange  – oberhalb von Gießen.

In den Gemarkungen Gisselberg, Ronhausen und Cappel, südlich der Stadt
Marburg, wurden auf einer Länge
von 1,5 km rund 100 000 m³ Boden bewegt, um die Lahn dort mit ihrem Ufer zu
vernetzen
und vielfältige Lebensräume zu schaffen.

Der ökologische Zustand vieler Flüsse und ihrer Überschwemmungsgebiete in
Deutschland weicht noch immer
erheblich von den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie ab.
Gleichzeitig wird die Dringlichkeit und gesellschaftliche Relevanz von frei
fließenden Flüssen zunehmend hervorgehoben,
zuletzt durch die Leitlinien der Europäischen Kommission zur Beseitigung von
Barrieren zur Wiederherstellung von Flüssen.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse einer ESS-Studie zu drei (von
neunundzwanzig) Staudämmen entlang des Flusses
erwies sich Szenario 2 (guter ökologischer Zustand mit obligatorischer
Dammentfernung) als die vorteilhaftere Option
im Hinblick auf die Erreichung der Ziele der WRRL und a Spektrum der
berücksichtigten Ökosystemleistungen.
Dieses Szenario spiegelt effektiv das im Bundesprogramm „Blauer Gürtel“ für
Nebengewässer vorgeschlagene
Entwicklungsziel „Wiederherstellung von Flüssen und Auen“ wider. Gleichzeitig
ergeben sich aus diesem Szenario
auch höhere monetäre Ökosystemdienstleistungswerte als das Szenario 1
(gutes ökologisches Potenzial bei Erhalt des Staudamms).
Die Studie machte deutlich, dass staatliche Investitionen in die
Wiederherstellung aquatischer Ökosysteme
inklusive Staudammrückbau durch gezielte Investitionen erhebliche langfristige
Vorteile
bei gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis erzielen können.

Exemplarisch werden die Ergebnisse für eine der drei untersuchten Staustufen
(Lahnstein, Kirschhofen, Altenberg)
vorgestellt, die der Staustufe Lahnstein im Mündungsbereich der Lahn in den
Rhein.
Bei der Staustufe Lahnstein kann beim Szenario 1 (gutes ökologisches Potenzial –
GÖP) nicht auf Maßnahmen
des vorhandenen Stauraumstrukturierungskonzeptes zurückgegrifen werden, da auf
Grund der bestehenden Raumsituation
keine Maßnahmen ausgewiesen wurden. Der Vergleich mit dem Szenario 1 ist daher
streng genommen obsolet.
Im Weiteren wird das Szenario 1 aber trotzdem angeführt, um die Logik der
Vorgehensweise sichtbar zu machen.
Szenario 2 (guter ökologischer Zustand – GÖZ) setzt, wie in 1, auf eine
(hypothetische) Staulegung.
Hier wurden mit Hilfe der bereitgestellten Vermessungs- und Modelldaten
(Datenquelle: Bundesanstalt für Gewässerkunde)
abschätzende Annahmen zu sachgerechtem Gefälleausgleich vorgenommen
und entsprechende Daten für die weitere Analyse abgegriffen.
Dies stellt Bild 1 im Überblick dar; hier wurde der Gefälleausgleich bis in das
Rheintal (im Unterwasser/Mündungsbereich)
und über die Staustufe Ahl (im Oberwasser) hinaus vorgenommen.

Kulturelle Betätigungen  – Wasserkraft und Schifffahrt.

Dam Altenberg – 75 Millionen Gewinn bei Rückbau.

Rückbau in Planung – das wäre erste Wehr an der Lahn, das zurückgebaut würde.

 

Der Ansatz ermöglicht einen umfassenden Überblick über die Auswirkungen,
sowohl positive als auch negative.

Der Rückbau des Staudamms wäre ökologisch die bessere Variante, macht aber
auch

aus ökonomischer Sicht Sinn.

 

 

An der unteren Lahn sollen allerdings die Querbauten erneuert werden, was Dr.
Stephan von Keitz für nicht
sinnvoll erachtet.

Mittagspause.

Das leckere Essen wurde gut angenommen.

 

Von links – Dr. Matthias Koschorreck  – Wissenschaftler am UFZ, Dr.
Stephan von Keitz – Hessisches Ministerium fúr Umwelt,

Dr. Martin Pusch  – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Frank
Spengler – 2. Vorsitzender IG-Lahn im Gespräch.

 

 

 

 

 

Dr. Margret  Bunzel-Drüke
und  Dr. Svenja Storm

 

Renaturierung und Entfesselung der Lippe.

 

Eindrücklich wurden die Wirkungen der Querbauten auf die Fische aufgezeigt –
Besenderung von  Nasen.
Sie wurden vor den Querbauten gestoppt und hielten sich dort auf. Auch der
Fischaufstieg wurde nicht benutzt.
Erst bei Hochwasser ist die Nase weiter flussaufwärts  geschwommen.

 

 

 

Das Buch von Dr. Svenja Storm & Dr. Margret Bunzel DrükeFische der Lippe und
ihrer Aue von der Quelle bis zur Mündung
hat im Foyer ausgelegen und konnte mitgenommen werden.
das Buch gibt es auch als PDF zum Download:


https://www.lfv-westfalen.de/images/schriftenreihe/Lippeprojekt_2022_web_150.pdf?m=1664202553&

 

 

Dr. Matthias Koschorreck  – Wissenschaftler am UFZ

 

CH4 Gas = Methangasbildung in Stauhaltungen.

Die Methangaskonzentration geht im aufgestauten Bereich hoch.
Mehrere Wehre beeinflussen sich gegenseitig,

 

 

Dr. Britta Wöllecke – Nutzung von Querbauwerken – Bedeutung für die Fische

 

Passierbarkeit für Fischfauna und Makrozoobenthos (Auf- und Abwärts)
• Vernetzung der Lebensräume
• genetischer Austausch der Populationen
• Charakteristische Strömungs- und Geschiebeverhältnisse

 

 

 

Dipl. Ing. Dr. Rita Keuneke

 

 

 

Auch wenn Dipl.Ing. Rita Keuneke die Wasserkraft befürwortet – sagt auch sie
„Anlagen unter 50 KW lohnen sich nicht.“

Hier sieht man die geringe Leistung der Wasserkraftwerke.

Dr. Uwe Koenzen – Filmstudio Lippe

 

Freifließende Flusslandschaft mit Auen.

Da ist Leben – auch Unterwasser

Nicht so vor den Querbauten – alles tot – nur Faulschlamm – keine
Laichmöglichkeiten.

Fließgeschwindigkeit ist kleiner 0,1 m/sec.

Methanblasen und Schwefelwasserstoff, der höchst toxisch ist ist vorhanden.

Auch die Makrozobenthos fehlen.

Haus Vogelsang – ersatzloser Rückbau.
80 Jahre später ist Totholz im Wasser. Die Wurzeln der Weiden bieten Laichplätze
und auch feinkiesiger Sand
bietet ein Laichhabitat.
Ein sehr beeindruckender Film.

 

Dr. Martin Pusch  – Leibniz-Institut für Gewässerökologie

 

Europas Flüsse werden durch 1 Million Barrieren zerstückelt.

In Deutschland gibt es 178996 Querbauwerke – davon sind 8300 mit
Wasserkraftwerken = 35%.

Wichtig ist es eine europaweite Datenbank aufzubauen.

Im Durchschnitt haben wir in Europa alle 108 m ein Querbauwerk.

 

 

Der Studien-Koautor PD Dr. Martin Pusch vom IGB ist Experte für das Management
von Flussgebieten:
„Der AMBER-Barrierenatlas gibt uns die Möglichkeit, die Zerstückelung der Flüsse
überall in Europa rückgängig
zu machen; viele dieser Barrieren durch einfache technische Maßnahmen zu
sanieren,
oder durch Renaturierungsmaßnahmen ganz zu beseitigen.
Schleusen und große Wasserkraftwerke sollten mit funktionierenden Fischpässen
für beide Wanderrichtungen ausgestattet
und kleine Wasserkraftwerke, die kaum zur Energiewende beitragen, zurückgebaut
werden.
So könnte der Bestand des Aals in Deutschland geschützt werden, und auch Lachs
und Stör könnten dauerhaft
unsere Bäche und Flüsse besiedeln.
Gleichzeitig würden diese Gewässer fit für den Klimawandel gemacht und als
Erholungsgebiete stark aufgewertet“.

 

 

Nun am Ende der Vorträge – die Podiumsdiskussion

von links Prof. Burkhard Teichgräber Lippeverband, Alina Pickart NABU NRW,

Dr. Olaf Niepagenkemper – Landesfischereiverband Westfalen-Lippe,
Dipl. Ing. Dr. Rita Keuneke und Dr. Stephan von Keitz.

Schäden aufrechnen gegen die Energiegewinnung.

Dr. Stepahn von Keitz Ökosystemleistung – die Verwaltung ist verpflichtet
abzuwägen.
500 WKW in Hessen
Fischauf- und abstiegsanlagen
Die meisten Kraftwerke sind kleiner als 500 KW – die Steuerzahler unterstützen
die Zerstörung der  Natur.
Prof. Burkhard Teichgräber   – Salzeinlassungen werden mit dem
natürliche Salzgehalt führen zu
einem stark erhöhten Gehalt.

Dr. Olaf Niepagenkemper  –  Fischereirechte – Fischbestände haben
Probleme an den
Nasen nehmen nicht die Fischtreppen – sie wollen den Hauptstrom nehmen.
Fischtreppen verbessern oft nur marginal.
Rückbau Stauanlagen.

 

 

 

Ganz am Ende kam die App noch einmal ins Spiel und die Teilnehmer konnten
erneut abstimmen

 

 

 

 

 

 

Eine wirklich gelungene Fachtagung mit hochkarätigen Referenten – man konnte
viel mitnehmen.